Sie sind viele Jahre berufserfahren und wollen Auditor bzw. Auditorin werden, doch bisher wissen Sie über den Beruf und die Einsatzbereich noch zu wenig? Oder sind Sie HR-Verantwortlicher oder Geschäftsführer eines Unternehmens und fragen sich, welche Kompetenzen ein Auditor benötigt und wie er diese erwerben kann?
Dann geben wir Ihnen hier einen Überblick und beantworten Ihnen die wichtigsten Fragen dazu.

Was ist ein (Managementsystem-)Audit?
Stellen Sie sich ein Audit als eine Art Standortbestimmung vor, bei der festgestellt wird, ob in Ihrem Unternehmen, Ihrer Organisation Prozesse, Anforderungen und Richtlinien (kurz gesagt- Ihr Managementsystem) die geforderten normativen und rechtlichen Standards auch erfüllen.
Audits sind ein wichtiges Instrument, um:
- nicht effektive und nichtkonforme Abläufe zu entdecken, also z.B. Fehlerkosten zu erkennen.
- die Nichteinhaltung von gesetzlichen Vorgaben und potenziellen Risiken zu erkennen, mit dem Ziel Haftungsrisiken zu minimieren.
- Verbesserungspotenziale und Synergieeffekte in einer Organisation zu identifizieren, z.B. um Kosteneinsparungspotenziale zu identifizieren.
Audits sind für Unternehmen eine große Chance, um die Betriebsorganisation zu verbessern, solide unternehmerische Entscheidungen treffen zu können und damit Unternehmensziele zu erreichen. Audits sind eine Investition. Doch was Unternehmen dabei gewinnen können, wird wesentlich von der Qualität der Audits und der Auditoren beeinflusst.
Welche Auditarten gibt es?
Es gibt verschiedene Arten von Audits. Man unterscheidet, was auditiert wird, wer auditiert wird (Zielgruppe) und wie auditiert wird.
Auditarten – was wird auditiert?
- Produktaudits: Hier wird die Übereinstimmung der Produktqualität überprüft.
- Prozessaudits: Abläufe werden auf die Einhaltung von Vorgaben, Normen- und Rechtsanforderungen sowie deren Wirksamkeit überprüft. Zum Beispiel in Bezug auf Effektivität: Erreichen wir unsere beabsichtigten Ziele?
- Systemaudits: Das Managementsystem wird auf die Einhaltung einer Norm (z.B. ISO 9001, 14001, 27001) und der selbst formulierten Politik, den Zielen und Vorgaben überprüft sowie deren Wirksamkeit.
Je nach Struktur des Managementsystems können diese Systemaudits z.B. basierend auf mindestens einer Managementsystemnorm durchgeführt werden (z.B. ISO 9001 für Qualitätsmanagement, ISO 45001 für Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagement). Werden mindestens 2 Normen gleichzeitig herangezogen, spricht man von sogenannten Integrierten Audits. Das bedeutet der Auditor bewertet die Einhaltung der Anforderungen aller zutreffenden Normen und dazu gehöriger rechtlicher Anforderungen.
Auditarten – wer wird auditiert?
- Das eigene Unternehmen wird auditiert (sogenannte interne Audits oder auch first party Audits).
- Bei Lieferanten oder durch Dritte wird auditiert (sogenannte Lieferantenaudits oder auch second party Audits)
- Durch unabhängige Dritte werden andere Unternehmen auditiert (third party Audits).
Auditarten – wie wird auditiert?
- Vor-Ort-Audits – Diese Form ist die am weitesten verbreitete Variante. Der Auditor „begutachtet“ vor Ort die Organisation
- Vollständiges Remote-Audit – Auditor wie Auditierte, also alle Beteiligten sind nicht vor Ort, sondern einander per Video zugeschaltet und arbeiten aus der Ferne. Diese Form macht Sinn, wenn eine persönliche „Inaugenscheinnahme“ nicht notwendig erscheint.
- Partielles Remote-Audit – bei dieser Mischvariante ist der Auditor bzw. die Auditierten nur teilweise vor Ort. Es kann auch sein, dass der Auditor zur Dokumentenprüfung lediglich zugeschaltet ist und erst zur Vor-Ort-Begutachtung beim Auditierten ist.
Was ist ein Auditor und welche Auditor-Arten gibt es?
Ein Auditor ist eine (dafür qualifizierte) Person, die entweder interne oder externe Audits durchführt. Dafür werden Menschen qualifiziert und eingesetzt, die viele Jahre berufserfahren sind, die sich in einer oder mehreren Branchen bzw. den Fachbereichen sehr gut auskennen und über Normen- und Methodenwissen sowie benötigte rechtliche Kenntnisse verfügen.
Die unterschiedlichen Entwicklungsstufen des Auditors
Der Auditor-Trainee ist eine Person, die für die Rolle und das Tätigkeitsgebiet zunächst ausgebildet werden muss. Er eignet sich theoretisches Wissen an und durchläuft eine umfangreiche praktische Ausbildung, an deren Ende die Berufung zum Auditor steht. Ein Auditor, der noch keine ausreichende Erfahrung in Audits besitzt oder Auditoren-Kollegen, die in einem Audit-Team nur einen Part erledigen, werden Co-Auditor genannt. Sobald jemand ausreichend Erfahrungen gesammelt hat, führt die Person das Audit allein oder oftmals auch (bei großen Audits) ein Audit-Team. Die Person wird Lead-Auditor oder Audit-Teamleiter genannt.
Zudem werden Auditoren – je nach Auditart unterschiedlich bezeichnet
Für das 1st-party Audit hat sich die Bezeichnung Interner Auditor durchgesetzt. Für 2nd-party Audits gilt der Begriff Lieferanten-Auditor. Und für die Aufgabe als 3rd-Party-Auditor spricht man von einem Zertifizierungs-Auditor. Diese werden von (akkreditierten) unabhängigen Zertifizierungsgesellschaften basierend auf Akkreditierungsregeln ernannt und eingesetzt.
Wer darf was auditieren? Welche Kompetenzanforderungen müssen Auditoren erfüllen?
Unternehmen mit eingeführten Managementsystemen brauchen interne Auditoren, die die Einhaltung der Norm/Normen und internen Richtlinien auditieren. Diese erkennen Risiken und Schwachstellen. Das Bild des internen Auditors hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Heute ist ein interner Auditor nicht mehr nur Kontrolleur, sondern zugleich Berater. Denn er trägt mit dazu bei, das Prozesse optimiert, Synergien gehoben und Organisationen sich weiterentwickeln können.
Für die Absicherung und Transparenz ihrer Lieferketten benötigen Unternehmen Lieferanten-Auditoren, die bei der Lieferantenauswahl und -qualifizierung beteiligt sind – das können 1st und 2nd party Auditoren sein. Dabei geht es z.B. um die Zulassung und -qualifizierung von Lieferanten sowie die Überprüfung der Produktqualität, die Überwachung von Herstellungsprozessen bzw. die Prüfung von Nachhaltigkeitspraktiken.
Welche Qualifikationen sollten diese mitbringen? Eine gute Orientierung bietet das Kapitel 7 der ISO 19011:2018 „Leitfaden für das Auditieren von Managementsystemen“.
Hier heißt es in 7.2.3.1
„Auditoren sollten über Folgendes verfügen:
a) das Wissen und die Fertigkeiten, die notwendig sind, um die beabsichtigten Ziele der Audits zu erreichen
b) allgemeine Kompetenz und einen gewissen Grad an disziplin- und branchenspezifischem Wissen und -spezifischen Fertigkeiten.
Auditteamleiter sollten das zusätzliche Wissen und die zusätzlichen Fertigkeiten haben, die notwendig sind, um das Auditteam zu führen.“
In den weiteren Abschnitten des Kapitels werden detaillierte Anforderungen dargelegt. Daraus leitet sich ein Qualifikationsprofil ab, dass auf Wissen, persönlichen und sozialen Kompetenzen, Fach- und Methodenkompetenzen beruht.
- Normenwissen
- Wissen über rechtliche und behördliche Anforderungen
- Kenntnisse über die Prozesse und eigene Organisation
- Wissen und Fertigkeiten in der Auditmethodik und Auditprozessen
- Wissen und Fertigkeiten zu Kommunikation, Verhandlung und Gesprächsführung
- Wissen und Fertigkeiten im Konfliktmanagement und Zeitmanagement
- Und eine gefestigte Persönlichkeit („Standing“).
Auditoren, die (interne) Auditteams führen und anleiten, brauchen darüber hinaus entsprechende Führungsfertigkeiten.
Die Kompetenzen für Zertifizierungs-Auditoren, die also Audits als „unabhängige Dritte“ durchführen, sind in der ISO/IEC 17021-1 festgelegt. Darüber hinaus können – je nach Norm oder Branche – weitere Regeln aus spezifischen Normen oder Akkreditierungsregeln gelten. Ein Beispiel: Zertifizierungsauditoren, die auf die ISO 27001 auditieren, haben auch die Kompetenzanforderungen der ausführenden Norm ISO/IEC 27006 zu erfüllen. Die Zertifizierungsstelle legt darüber hinaus weitere Kriterien für die Kompetenz von Zertifizierungs-Auditoren fest.
Unabhängig von der Berufung zum Auditor werden eine Reihe persönlicher, fachlicher und methodischer Fertigkeiten und Wissen erwartet. So, wie Unternehmen sich fortlaufend weiterentwickeln, so müssen Auditoren ihre Expertise aufrecht erhalten. Dies gelingt z. B. über Erfahrungsaustausche und durch Fortbildungen und Qualifizierungsmaßnahmen.
Warum ist Fortbildung für Auditoren notwendig?
Als langjährig tätige Trainerin – insbesondere in der Aus- und Weiterbildung von Auditoren – hört Andrea Kruck gerade zu Beginn von Auditoren, dass sie den Wissensumfang, die Komplexität und Vielfalt des Auditoren-Berufes nicht richtig einschätzen konnten. Stellvertretend hierfür stehen die Aussagen zweier Auditoren-Trainees:
„Ich wusste gar nicht, wie anstrengend das Auditieren ist und wie sehr ich in den Multitasking-Modus schalten muss: Normenanforderungen kennen, Fragen formulieren, aktiv zuhören, dabei mitschreiben, Nichtkonformitäten erkennen. Und immer freundlich bleiben, selbst wenn der Gesprächspartner überhaupt keine Lust auf Audits hat. „
„Ich fühle mich, als hätte ich gerade den Führerschein gemacht. Und wann lerne ich fahren…?“
Sie nimmt wahr, dass die Anforderungen an (vor allem interne) Auditoren seitens der Leitung bzw. Geschäftsführung unterschätzt werden. Interne Auditoren werden häufig ins kalte Wasser geworfen, sie werden auf die Aufgabe nicht genügend vorbereitet, selten ausreichend qualifiziert und fast nie fortlaufend weitergebildet. Gerade interne Auditoren oder freiberuflich tätige Auditoren, die als „Einzelkämpfer“ arbeiten, bekommen keine ausreichende fachliche Rückmeldung. Sie „schwimmen im eigenen Saft“, mit Nachteilen für alle Seiten.
Nicht zuletzt haben gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen und Trends großen Einfluss auf die Arbeit von Auditoren. Die digitale Transformation, Entwicklungen im Bereich KI, der Automation, Robotik, Dekarbonisierung, Globalisierung und Nachhaltigkeit beeinflussen Organisationen. Dem müssen sich Auditoren ebenso stellen. Und hierfür brauchen sie Wissen und Weiterbildung.
Was Fortbildung für Auditoren leisten kann
Selbstlernen ist nur bedingt eine Methode für den Aufbau von Kompetenzen. Das Lesen der Normentexte, relevanter Gesetze oder von Büchern ist eine gute Ergänzung. Sie ist aber kein Ersatz für die nachhaltige Vermittlung und den Lerntransfer. Ein Beispiel: Normentexte bedürfen der Interpretation, Auslegung und korrekten Anwendung. Hierfür sind erfahrene Auditoren und Trainer geschult. Sie können Fragen tiefgehend beantworten, das Weiterdenken, Generalisieren und Übertragen auf praktische Situationen schulen.
Auch die Auditmethodik kann nicht durch reines Anlesen erlernt werden. Hierfür braucht es den Bezug zur Auditpraxis des Trainers mit seinen Erfahrungen, das Üben und Anwenden im geschützten Rahmen eines Trainings und die fortlaufende Rückmeldung durch Auditoren und/ oder Mentoren. Soziale und persönliche Fähigkeiten können ggf. erweitert werden durch Gesprächsführungs- und Konfliktmanagementtrainings. Gute Auditoren-Trainings beinhalten diese Aspekte bereits
Zum Start sind daher Weiterbildungen mit hohem Praxisbezug, die den Lerntransfer sicherstellen können, das Mittel der Wahl. Und sie sind gut investiertes Geld.
Welche Trainings sind für Auditoren bedarfsgerecht?
Eine Übersicht unserer Seminare finden Sie auf der Academy Seite. Ab 2026 finden Sie bei uns weitere Seminare, die die überfachlichen Qualifikation von Auditoren adressieren. Denn wir sind überzeugt davon, dass Auditoren über ausreichende Fähigkeiten z.B. in der Kommunikation, Resilienz & Belastungsfähigkeit und im Umgang mit schwierigen Situationen verfügen müssen.
Unsere Zusatz-Angebote
Jedes Seminar PLUS zweistündige Einzelberatung (kostenfrei)
TÜV AUSTRIA Deutschland Akademie unterstützt gezielt den Transfer des erworbenen Wissens in die Praxis nach einem Seminar. Deshalb sind die Trainer & Trainerinnen nach dem Seminar für Sie da. In allen so ausgewiesenen Trainingsangeboten unserer Akademie finden Sie (im Preis inbegriffen) für jeden Teilnehmer eine 2-stündige Einzelberatung.
Ihr Trainer unterstützt Sie im Anschluss und:
- klärt offene Fragen
- löst Probleme bei der Wissensanwendung in der Praxis
- reviewt mit Ihnen erstellte Auditpläne oder Auditberichte
- oder hat einfach ein offenes Ohr für die Anwendungsthemen, die Sie bewegen.
Begleitete Audits (individuelles Angebot)
Und wenn Sie weiterführende Unterstützung oder einfach nur Rückmeldungen zu Ihrer (langjährigen) Auditorenpraxis wünschen? Wir bieten Ihnen „begleitete Audits“ an. Der Trainer unterstützt Sie bei der Planung, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung interner Audits. Er gibt Ihnen Hinweise, wie Sie Ihre Auditpraxis weiterentwickeln können. Kontaktieren Sie uns für ein entsprechendes Angebot gern: academy-tad@tuv.at
Zusammenfassung – Warum Sie als Leitung / Geschäftsführung in die Auditoren-Ausbildung investieren sollten.
Darf nun Jeder/Jede einfach alles auditieren? Nein, sicher nicht. Das Nein leitet sich nicht nur aus den Normenanforderungen ab, sondern vor allem aus unternehmerischen Erwägungen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für funktionierende Audits, die dem Unternehmen einen Nutzen stiften, sind ausgebildete Auditoren. Sie brauchen Normen- und Rechtskenntnisse und benötigen umfangreiche überfachliche (soziale, personale) Kompetenzen. Ein schlecht ausgebildeter Auditor ohne Qualifikationen kommt Sie teuer zu stehen, schlimmstenfalls bekommen Sie haftungsrechtlich Probleme. Die Akzeptanz von Managementsystemen und für die Unternehmenskultur können durch zielgerichtete und gut geführte Audits mit Gewinn erreicht werden.
Zeit zum Handeln? Machen Sie den Kompetenzcheck und Audits zum Instrument für Ihren Unternehmenserfolg.
Ein Beitrag von Andrea Kruck, Global Group Product Manager Training TÜV AUSTRIA Group
Ina Westphal, Personalberaterin mit Schwerpunkt Prüfdienstleistungsunternehmen (TIC), Hellmund. Die Personalberater.“)